Knastbericht einer trans*Person


Uns erreichte dieser Bericht mit der Bitte, ihn zu teilen:
 
„Ich bin ftm trans und war vor kurzem für vier Tage in Ordnungshaft (weil ich mich bei einem Gerichtsprozess geweigert habe für den Richter aufzustehen und mir Schuhe anzuziehen).
Ich nehme bereits seit Oktober Testosteron und haben meinen Namen und Personenstand schon geändert. OPs habe ich noch keine gemacht.
 
Hier der Knastbericht
 
Nachdem ich für einige Zeit in den Zellen des Landgericht Aachens war haben die Wärter*innen die Tür geöffnet und mir gesagt, dass ich jetzt in die JVA Köln verlegt werde. Ich frage die Beamt*innen warum nach Köln und nicht einfach nach Aachen? Die Antworten waren sowas wie:
„Weil Sie eine Frau sind!“ Info hierzu: In Aachen gibt es nur einen Männer-Vollzug, in Köln beides.
Ich weise sie mehrfach daraufhin das ich keine Frau bin und das sie gerne auf meinen Ausweis nachschauen können (den haben die mir mit dem Geldbeutel abgenommen). Und dann versuchte ein Beamter zu behaupten, dass mein Verteidiger das so angeordnet hat. Ich teile ihm mit das das ganz bestimmt nicht der Fall ist und finde es krass wie einfach er ohne mit der Wimper zu zucken mir direkt ins Gesicht lügt.
Nach einer circa 50 minütigen Fahrt kommen wir in Köln an, dort werde ich in eine Wartezelle gebracht. Nach einiger Zeit gehts dann weiter. Wir laufen durch verschiedene Türen und irgendwann stehen wir vor einem Korridor, der mit „Frauenabteilung“ betitelt ist. Ich bemerke erneut, dass ich keine Frau bin und weigere mich den Korridor zu betreten. Sollen die mich doch da rein schleifen, aber wenn die mich transfeindlich behandeln helfe ich ihnen nicht auch noch dabei. Nach eigen Metern des schleifens haben sie mich dann auf einen Rollwagen, der da rum stand, gesetzt und geschoben.
Dort tauchte dann auch ein Wärter auf, der so aussah, als wäre er in der Knasthierarchie höher als der Rest. Er meinte zu mir: „Wo soll ich sie denn sonst hinstecken?“ Nachdem ich ihm mitteilte das ich als Mann natürlich zu den Männern will, meinte er das dies „nicht mit funktionierenden Geschlechtsorganen“ möglich sei. Woher er weiß das ich funktionierende Geschlechtsorgane habe ist unklar. Ich sage ihm das ich lieber in Isolationshaft komme als zu den Frauen. Damit hatte er anscheinend kein Problem und ich wurde in so eine Spezialzelle getan. Dort wurden mir dann noch alle meine Klamotten und meine Brille weggenommen. Da ich mich weigerte mich auszuziehen hat das der Beamte übernommen mit dem ich gesprochen hatte. Ich bekam dann Anstaltskleidung und zwei Decken. In der Zelle gabs nichts außer einem Loch im Boden als Klo und eine Matratze. Und eine Kamera, die mich die ganze Zeit beobachtet. Das einzig gute an der Zelle war das sie echt groß war (ca dreimal so groß wie eine normale Zelle). Das Licht war die ganze Nacht an und hat unglaublich laut gesurrt. Das war echt super nervig. Als ich Nachts Durst bekomme drücke ich auf den Rufknopf den es da gibt. Es wird nicht darauf reagiert. Also musste ich wohl oder übel aus dem Klo trinken.
Am nächsten Morgen kamen dann ein Haufen Beamter, eine Ärztin und eine Psychologin in die Zelle und fragten mich wieso ich hier sei. Ich habe es ihnen erklärt und sie meinten, dass sie meinen Fall nachher in der Besprechung beraten.
Einige Zeit später kamen sie dann wieder und meinten, dass ich jetzt in den Männervollzug verlegt werde. Ich habe erst meinen Ohren nicht geglaubt und habe mich wirklich gefreut das mein Widerstand erfolgreich war!
Sie haben mir dann einiges an Zeug gegeben (Bettlaken und so was) und wir sind zu Haus 3 gegangen. Dort bekam ich dann eine Doppelzelle, die ich aber für mich alleine hatte (und das wird auch so bleiben meinten die Wärter*innen). Das finde ich ganz gut, da hier wirklich nicht viel Platz war und ich mich freier in der Zelle bewegen kann wenn ich alleine bin. Dann gabs Mittagessen (das erste was ich seit der Verhaftung am Vortag bekommen habe). Und dann wurde ich zur Freistunde geholt. Ich durfte mich auf einem Innenhof frei bewegen und ich war sehr erfreut, dass es da Bäume gab. Aber ich hatte auch Einzelfreistunde. Mit den anderen Gefangenen konnte ich aber über die Fenster reden. Ich wurde oft von den anderen gefragt, wieso ich alleine Hofgang habe, wollte mich dann aber ungern vor denen als trans outen. Ein Mitgefangener hat mich zum Beispiel dann gefragt ob ich schwul bin und Angst vor den anderen haben und darum alleine raus muss. Als ich wieder rein muss werde ich noch zum Anstaltsarzt gebracht, der mich gefragt hat ob ich ein „Gender“ bin. Ich find das irgentwie niedlich wie unbeholfen er war. Da ich meine Hormonspritze aber nicht im Zeitraum der Inhaftierung benötigte (ich brauche sie nur alle 17 Tage) war das
Gespräch auch schnell beendet.
Es waren nur vier Tage, also war das alles kein Problem, aber ich frage mich ob ich wenn ich länger
da gewesen wäre an Sportangeboten usw. hätte teilnehmen dürfen, weil das Einzeln wohl nicht
geht..“

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